Audi R8 Spyder Performance RWD - klangstarker Frischluftspaß (2024)

Wer bei Audi noch einen emotionalen Zehnzylinder möchte, muss sich beeilen. Mit der auslaufenden Sportwagen-Baureihe R8 machen die Ingolstädter den Sack zu. ntv.de war diesmal mit der heckgetriebenen Version unterwegs, mit einem luftigen Spyder.

Um der Stimmung gleich mal den melancholischen Gehalt zu nehmen: ntv.de wird sich auch künftig immer mal wieder mit dem Audi R8 beschäftigen. Denn für den Hersteller mag die Geschichte auserzählt sein, für manchen Leser (und potenziellen R8-Interessenten) sicher nicht. Auf den Genuss eines freisaugenden Zehnzylinders werden viele Autoenthusiasten auch im Zeitalter der fortschreitenden Elektrifizierung keineswegs verzichten wollen.

Man könnte jetzt noch stundenlang darüber diskutieren, wie das perspektivische Aussortieren sämtlicher Kult-Verbrenner für Audi ausgehen wird, und es wäre ja doch nur spekulativ. Ja, bald starten die ersten Fahrzeuge auf der neuen Elektro-Plattform namens PPE (Premium Platform Electric) und sicherlich kommen dabei tolle Produkte heraus. Aber wenn ich auf den im Alcantara-Lenkrad sitzenden Startknopf des R8 drücke und den wummernden V10 in meinem Rücken zum Arbeiten bringe, ist da schon Gänsehaut im Spiel.

Man muss kein Rennfahrer sein, um den R8 zu beherrschen

Und dann, klack, schiebt der zackig agierende Siebenstufen-Doppelkuppler den ersten Gang in Position - es kann losgehen. Um mit dem 570 PS starken Supersportler eins zu werden, bedarf es keiner Profirennfahrer-Fähigkeiten. Der 1,8-Tonner schraubt sich mit seiner direkt-zackigen Lenkung derart exakt Serpentinen-Abschnitte hoch, verzögert ebenso punktgenau und lässt selbst querdynamische Laien im Handumdrehen irre schnell werden.

Eine kleine Besonderheit sollte aber im Kontext mit der RWD-Variante beachtet werden, die ihre geballte Power lediglich auf die Reifen der Hinterachse überträgt. Volle Last in Kombination mit Lenkwinkel ist hier vielleicht keine so gute Idee, sofern ungeübte Piloten involviert sind. Wobei man sich andererseits schon ordentlich aus dem Fenster lehnen muss, um die Hinterräder auf trockenem Asphalt an die Traktionsgrenze oder darüber hinaus zu bringen. Zur Not greift das Stabilitätsprogramm als Rettungsanker.

Aber der R8 macht nicht bloß quer Spaß. Wer vom Naturell her eher auf der längsdynamischen Schiene unterwegs ist, kommt ebenfalls in außergewöhnliche Antriebsgenüsse. Unerbittlich schiebt das von sonor bis kehlig tönende Großkolbenaggregat ab dem Kurvenausgang wieder (3,8 Sekunden von 0 auf 100 Sachen). Und bitte nicht scheuen, den Direkteinspritzer-Sauger schön auf Touren zu halten. Seine Drehmomentspitze von 550 Newtonmetern erreicht der Zehnender jenseits der 6000 Kurbelwellenrotationen. Und das Drehzahlende des 5,2-Liter-Brockens liegt gar erst bei 8500 Touren an. Wie ein heißes Messer durch die kalte Butter geht der Hightech-Benziner durch das Band und wechselt je nach Lastanforderung zwischen Direkt- und Saugrohreinspritzung.

Vor allem der R8 Spyder kann für Sturm sorgen

Der R8 ist kein explizites Tracktool, das muss auch klar sein. Und für noch mehr Landstraßen-Spaß eignet sich die Spyder-Ausgabe ganz gut, um näher an der äußeren Umgebung zu hocken. Binnen 20 Sekunden und bis 50 km/h kann man die Kapuze öffnen dank neun Stellzylindern. Wer Sturm mag, ist hier ganz gut aufgehoben. Und der pustet den Passagieren vor allem bei höheren Autobahngeschwindigkeiten kräftig um die Ohren. Auf Wunsch geht es flugs hoch bis 327 km/h.

Zum Schluss noch zu den Trivia des Mittelmotor-Athleten. Infotainment? Kann der Ingolstädter auch. Aber er leistet sich keck, auf einen zentralen Bildschirm zu verzichten. Vermisst hier niemand. Wenn es sein muss, weicht der große, mittige Drehzahlmesser einer Straßenkarte, damit man sich auf dem Weg zum Track auch nur nicht verirrt. Dafür gibt es ein paar segmentspezifische Anzeigen im Bordcomputer wie die Werte der G-Kräfte (das ist schon ganz interessant). Und wer auf dieser Skala Ausschläge provozieren möchte, sollte die Getriebeöltemperatur womöglich im Auge behalten - auch die kann freilich angezeigt werden.

Aber es muss nicht immer Vollgas sein. Witzigerweise lässt sich der Sportler ganz gut im Alltag nutzen, und das sogar auf längeren Strecken. In der komfortabelsten Stellung fühlt sich der Mittelmotor-Audi selbst auf Rüttelpisten nicht einmal über Gebühr unterdämpft an. Und die feinen Ledersessel mit Rautensteppung sind jetzt auch keine Holzstühle.

Gibt es denn wirklich nichts Negatives am R8? Na ja, es kommt eben auf die Perspektive an. In puncto Fertigungsqualität und Finish ist der seit Jahren von den Bändern des Werks in den Böllinger Höfen (Heilbronn) laufende Hochperformer über alle Zweifel erhaben. Dass er unter Einsatz seines Könnens auch mal 18 Liter vom teuren Super-Plus-Benzin schlürft, dürfte kaum jemanden verwundern. Und die letzte Grundpreisnotierung von 163.500 Euro spricht jetzt auch nicht gerade für seine Massentauglichkeit.

Übrigens läuft der elektrisch angetriebene E-Tron GT ebenfalls in den Böllinger Höfen vom Band. Jahrelang übrigens gemeinsam mit dem R8. Und wer weiß, vielleicht gelingt es Audi ja, mal wieder einen Sportwagen aufzulegen, der dem R8 in emotionaler Hinsicht das Wasser reichen kann.